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#makethempay
Concept, Director, Performance 



  

#makethempay

Intro

#makethempay ist ein Stück, die in den sozialen Medien gezeigt wird, als eine Serie aus Videoclips, die Live auf Instagram laufen. Im Anschluss daran sind die Videos als normale Posts sichtbar. Als Live Performance zu einem fixen Zeitpunkt angekündigt, spielt sie bewusst mit der Verwischung der Grenze von Realität und Fiktion. Die reale Figur des Schauspielers und Regisseurs Georg Bütow und sein Instagram- Account werden dazu inszeniert. Das Narrativ folgt einem zunehmend verzweifelten Mann, dessen politischer Aktionismus ihn in die Radikalisierung und zu einer Reihe ideologisch motivierter Morde treibt. Seine Wut über die Inkonsequenz der ihn umgebenden Gesellschaft im Umgang mit den Herausforderungen unserer Zeit, namentlich Kapitalismus und daraus resultierend Klima, fokussiert sich hierbei auf eine „ältere Generation“. Diese, auf die Rente zugehend oder bereits in Pension, haben seiner Meinung nach die Fehlentwicklungen der letzten Jahrzehnte nicht verhindert oder aktiv, zu ihrer monetären Bereicherung, vorangetrieben. Sie sind für ihn Schuld an der Umweltzerstörung, dem Artensterben, der globalen Ausbeutung, der Gewalt des Neokolonialismus. Er beginnt, eine Reihe von Exekutionen an alten Menschen vorzunehmen, die er persönlich für verantwortlich hält, und zeigt diese live in den sozialen Medien unter dem Hashtag: makethempay.

 

 


Ein nicht mehr ganz so junger Mann, gefrustet von den Hürden in seiner Karriere als Schauspieler und Regisseur, erkennt den Kapitalistischen Sozioökonomischen Zusammenhang als verantwortlich für seine Misere, und stellvertretend dafür, die Generation 60+. Wie Jede und Jeder Deutsche/ Österreicher/ Schweizer/ etc kennt er die Fakten: 1% der Weltbevölkerung besitzt so viel Wohlstand wie die übrigen 99% zusammen. Seit den 70er Jahren sind 70% der Arten ausgestorben. Der Klimawandel droht eine Abwärtsspirale, die zur Klimakatastrophe führt, zu werden- und dies ist bloß ein Auszug aus dem Register der erschreckenden Fakten. All das sieht er als in Kauf genommenen „Kollateralschaden“ eines Kapitalistischen Wachstums- und Luxuswahns. Was ihn jedoch wirklich daran irritiert: Keiner will es gewesen sein! Die Misere ist jedoch de facto vom Mensch gemacht. Und er wähnt sich zusehends in einem Wirtschafts- und Finanzfaschismus, der die Menschheit in die Selbstvernichtung leitet. Jetzt, so denkt er, können nur noch Rechtschaffenheit und Konsequenz helfen, er sieht sich als einen Simon Wiesenthal, als eine Johanna von Orleans, er möchte ein Zeichen setzen, er muss aktiv werden. Die Bequemlichkeit seines Umfelds und ein als „stumpfes Mitlaufen“ empfundenes allgemeines Verhalten komplettieren sein Bild, unter einer Art Faschismus zu leben, in dem Widerstand zur Pflicht wird.
Er startet einen Aufruf in den Sozialen Medien: Wenn jemand davon überzeugt sei, jemanden zu kennen, der für die Miserable Lage der Welt verantwortlich ist, so solle er die Person richten, sprich, erschießen. Er will, wie es seiner Integrität entspricht, mit gutem Beispiel voran gehen. Dafür hat er sich einen Hashtag ausgedacht: #makethempay. Man solle diesen Hashtag bei der Veröffentlichung des Mordes nutzen. Er startet seinen Aufruf, indem er seine Ansichten vorträgt, und erschießt im Anschluss seine eigene Großmutter, die, wie wir sehen, während des Vortrags neben ihm auf dem Sofa saß. Er liebt seine Großmutter, keine Frage, aber mit ihrer Untätigkeit gegen die Bestehenden Strukturen trägt sie Schuld am jetzigen Zustand. Der Mord fällt ihm schwer, emotionalisiert ihn, und blutbedeckt und Live auf Instagram gibt es für ihn kein zurück mehr. Über die kommenden Wochen begeht er weitere Taten nach dem gleichen Muster, live, zu einem angekündigten Zeitpunkt. Damit erfüllt er seinen Anspruch: Er möchte „Einen Unterschied machen“. Er hält jedes Mal ein Statement in sein Handy, und erschießt danach z.B. einen Ex-

Filialleiter der Deutschen Bank, oder eine von ihm als ignorant empfundene Alte Dame. Das Gewicht auf ihm wird schwer, die Zweifel wachsen, logischerweise ist es argumentativ schwierig, mit Morden für Solidarität zu werben. Doch auch unter starken inneren Anfechtungen bleibt er sich treu. Mit fortlaufender Mordserie adressiert er die Themen, die ihn beschäftigen- er wird Vater, er will die Welt retten, die Jungen werden ausgebeutet. Er hat Recht. Doch nicht nur seine Argumentationslogik wird brüchig, sondern auch die äußeren Umstände werden zunehmend schwieriger- Er begeht Taten im öffentlichen Raum, es gibt Zeugen, es gibt Bilder von ihm auf Überwachungskameras, und auch die Polizei ist ihm auf den Fersen. Er ist kein professioneller Krimineller, und so zieht sich das Netz schnell zu. Er hat sich in eine Ausweglose Situation gebracht, mit dem Versuch ein Held zu sein, den Wandel einzuleiten. In der letzten Episode wird er auf frischer Tat erwischt und auf der Flucht von der Polizei erschossen. Damit endet die Serie.

Umsetzung
Die Zuschauerin sieht die Inszenierung von Radikalisierung und Amoklauf. Die einzelnen Episoden sind explizit als Performance angekündigt, doch durch die Qualität der Umsetzung wirken sie komplett real, einer Dramaturgie folgend, die jede Woche seriell zu einer bestimmten Uhrzeit einen neuen Livestream, eine neue Tat liefert. Im gesamten Zeitraum spielt die Öffentlichkeitsarbeit eine wichtige Rolle. Nicht nur um nicht in der Bedeutungslosigkeit des Internet Feeds unterzugehen, sondern auch, um die Performance, die behauptet, real statt zu finden, klar als ein Kunstwerk zu rahmen.
Der Produktionszeitraum umfasst 3 Monate. Die Inszenierung der Ideologisch motivierten Mordserie, bis zum Tod des Täters, ist vollumfänglich vorproduziert und professionell gefilmt.
Im ersten Monat wird, zusammen mit einer professionellen Autorin, die Dramaturgie und die Texte der gesamten Narration fest gelegt. Darüber hinaus wird der rechtliche Rahmen in Zusammenarbeit mit polizeilichen Behörden und Juristischem Beistand geklärt: Die Arbeit soll ja kein realer Aufruf zum Morden sein, sondern eine Performance über einen Täter, der zum Morden aufruft- darin besteht ein empfindlicher Unterschied. Ein professionelles Film/ Video Team wird zusammengestellt- Licht, Ton, Kamera, Regie, Produktion. Die in jeweils einem Take aufgenommenen Szenen sollen auf einem Bildschirm gezeigt und mit dem Handy live ab gefilmt werden. Das erfordert den Einbezug einer professionellen Videotechnikerin, die möglichst früh Tests machen kann. Auch kann schon mit der Veröffentlichung zunehmend sich radikalisierender und and Dringlichkeit gewinnender Videobotschaften begonnen werden und in Monat 2 intensiviert werden.
Monat zwei ist ist für die Umsetzung des vorproduzierten Materials vorgesehen. Proben und Änderungen am Text, für location scouting, für test shoots und für den tatsächlichen Dreh. Die Proben und Test Shoots sind wichtig in Anbetracht der künstlerischen Herausforderungen- Videoclips von 10 bis 15 Minuten länge, die in einem Take aufgenommen sind, von hoher Schauspielerischer Intensität, gefilmt an Filmsets, die nicht als solche erkennbar sein dürfen. Das Material muss darüber hinaus so nutzbar sein, das es ab filmbar ist , als wäre es „selbst aufgenommen“. Nach Monat zwei ist das Material komplett inklusive Postproduktion.
In Monat Drei geht die öffentliche Performance live- Instagram, Youtube, Tik Tok. Dafür nutzen wir nicht nur Georg Bütow Instagram Account, sondern auch den von anderen Organisationen. Die drei Wochen finden statt in Kommunikation mit Behörden, Polizei und Medien. Die letzte Woche des Produktionszeitraums in Monat drei ist zum Abschluss des Projektes vorgesehen. Dazu gehört, wenige Tage nach dem „Tod“ des Hauptdarstellers, die explizite Auflösung der Arbeit als eine Performance, die eindeutig beendet ist. Soziale Medien leben von Partizipation, und das Publikum ist eingeladen, direkt mit dem Performer über den Zeitraum der intensiven Wochen und Monate zu kommunizieren. Nach endgültiger Auflösung, falls Corona es erlaubt, wäre es jedoch schön, zu einem offline stattfindenden Publikumsgespräch einladen zu können.

Hintergrund
#makethempay begreift den Raum der Sozialen Medien als Theaterbühne. Jeden Tag werden im Netz Wahrheit und Fiktion, Fakten und Lügen ineinander übergeblendet, vermischt und vertauscht- Charaktere wie Putin oder Trump veröffentlichen Lügen, die, von ihren Anhängern geglaubt, zu Wahrheiten werden, und negieren Wissenschaftliche Fakten, die von ihren Anhängern angenommen, zu Lügen werden. So die Behauptungen der großen Bühne, aber auch im Kleinen werden täglich Karrieren gepitcht, Lifestyles gepitcht, Persönlichkeiten verkauft, aber was hinter der Fassade der angepriesenen Privatperson steckt, weiß eigentlich gar keiner mehr so richtig. Zum Einen ist die Performance also ein spielerischer Zugang zu unserem Umgang mit Realität und Fiktion in den sozialen Medien und der Lücke, die zwischen Inhalt und Bild klafft. Die

Behauptung als Mittel der Diskurs- und Medienmanipulation nutzend, soll die Arbeit den Finger in die Wunde eines zeitgenössischen Paradoxons legen: Dem tatsächlichen gesellschaftlichen Umgang mit den erschütternden Fakten wie dem Klimawandel, dem Artensterben, und der wirtschaftlichen Ausbeutung, die dem Kapitalismus systematisch zugrunde liegt (schlussendlich ist auch die Umweltzerstörung ein Ergebnis nicht- nachhaltigen Wirtschaftens). Der Umgang ist insofern paradox, als das wir zwar Informationen erhalten, die unsere Lebens- und Verhaltensweise ändern müssten, wir aber anstatt der Veränderung unseres Lebens eher versuchen, die Informationen zu ignorieren. Der Hauptcharakter von #makethempay lässt als exemplarischer Fall keine Lücke zwischen seinem Wissen und Handeln, mehr noch, sein Eins sein mit sich selbst wird überhöht. Seine subjektiven Schlüsse werden zur Ideologie. Sein in der Konsequenz menschenverachtendes Handeln führt ihn in die Selbstvernichtung, sein Tod stellt jedoch die Frage, wie gesellschaftlicher, politischer und wirtschaftlicher Wandel möglich sei, der alle Generationen, Gesellschaftsschichten und Gehaltsklassen umfasst, der so schnell und tiefgreifend ist, das er der Situation gerecht wird. Wie können wir konsequent handeln? Wie können wir mit den Problemen umgehen, ohne in Panik oder Ideologie zu driften? Das alle gefordert sind, ist klar. Das Delegieren des Großteils von konsequenten Handeln an die jüngere Generation ist unfair und muss sie überfordern. Sie soll ja gleichermaßen die Welt von globaler finanzieller Ungerechtigkeit, Rassismus, Misogynie und der Klimakrise erretten, während die Älteren ein süffisant-lächelnd wirkendes Bild von Selbstzufriedenheit und Wohlstand bieten. Sie sind bereits mit der Rückläufigkeit von Einkommen im Vergleich zu ihrer Elterngeneration konfrontiert, mit Schwierigkeiten im wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aufstieg- Wie kann man etwas verändern, wenn man in einer Gesellschaft nichts zu sagen hat? Der Druck, alles besser zu machen, und die von außen gegebene Schwierigkeit, es auch nur halb so gut zu machen, wie die Eltern, lässt ein Spannungsfeld mit gesellschaftlichem Sprengpotential entstehen. Insofern verbirgt sich hinter der reißerischen Oberfläche der Performance makethempay ein verzweifelter Ruf nach Gemeinschaft und Solidarität. Makethempay benutzt die Medien, vorrangig die Sozialen Medien, nicht nur um eine „Coronasichere“ Performance zu machen, sondern um einer möglichst breiten Zuschauerschaft Zugang zu gewähren, um diese zur Reflexion zu den Themenkomplexen: Fake News- Umgang mit dem Klimawandel- Generationenkonflikt einzuladen.

Alle Posts: 

https://www.instagram.com/reel/CSY7iofoGMr/?utm_source=ig_web_copy_link

https://youtube.com/playlist?list=PLF_J6yK18T6iAfkROcj7YeQsRJkOW0Mz9

Konzept, Regie, Hauptrolle_ Georg Bütow

Art Director_ David Hagenkötter

Produktionsleitung _ Camilla Lønbirk

Text _ Sokola/Spreter

Produzenten _ Hagenkötter _ Loenbirk _ Buetow _ Anselm Schenkluhn _ J Verclas _ TLT _ Oli Schrøder

Förderung/ Finanzierung _ Fonds Darstellende Künste

Kamera _ Diego Sapienza

Licht _ Joseph Habermehl

Ton _ Nikkels

Technische Beratung und Umsetzung _ TLT Veranstaltungstechnik Stahnsdorf bei Berlin

Versicherungen _ Erpam GmbH

Schnitt _ Kevin Kopacka

Tonschnitt _ Gabo Reyna

Darsteller _ Georg Bütow, Helga Sieler, Thomas Kahler, M R Velo, Rahel Schaber- Jungle, Rainer Langhans, Klara Höfels, Henrike Hahn, Torsten Voges, Berend Wellmann, Wolfgang Michael

Premiere: August 2021

Laufzeit: 6 Wochen

 

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